Friedhöfe als Lebensraum

Auch einen noch so kleinen Pflanzbereich kann man mit bienenfreundlichen Stauden bestücken. Die Kokardenblume hier blüht reich von Juli bis Oktober und lockt Insekten an.
Auch einen noch so kleinen Pflanzbereich kann man mit bienenfreundlichen Stauden bestücken. Die Kokardenblume hier blüht reich von Juli bis Oktober und lockt Insekten an.

Friedhöfe sind Orte der Trauer und des Gedenkens. Aber Friedhöfe können noch viel mehr sein: Gibt es hier viele alte Bäume, von Efeu berankte Mauern mit offenen Fugen, dichte Hecken und vielfältige Grabpflanzen, so entsteht ein ein idealer Lebensraum für Flora und Fauna.

 

Ganz ähnlich wie in unseren Gärten so können wir auch auf unseren Friedhöfen durch die Art der Bepflanzung und die Gestaltung des Geländes an sich dafür sorgen, dass sich Insekten, Vögel und Eidechsen wohlfühlen, wenn sie Nahrung, Nistmöglichkeit und Unterschlupf finden. Hier können einerseits die Angehörigen bei der Grabpflege und andererseits Städte und Gemeinden bei der Anlage des Friedhofsgeländes einen wichtigen Beitrag zum Erhalt der Artenvielfalt leisten.

 

Naturnahe und pflegeleichte Grabpflege

 

In früheren Zeiten wurden für die Grabgestaltung ganz bestimmte Pflanzen mit Symbolcharakter ausgewählt, wie beispielsweise Efeu oder Immergrün, die für Treue und Ewigkeit stehen. Man setzte Gänseblümchen als Ausdruck der Bescheidenheit, Lilien für die Reinheit. Mohn stand für den Tod als Bruder des Schlafes und Ringelblumen galten als Symbol der Erlösung.

 

Diese Vielfalt ist größtenteils verloren gegangen, da mittlerweile hauptsächlich Beetpflanzen, wie Begonien und Stiefmütterchen gesetzt werden, wenn neben Steinplatten und Kiesflächen überhaupt Platz für Grün auf den Gräbern gelassen wird. Selbstverständlich möchte man eine ordentliche und möglichst pflegeleichte Grabstelle anlegen.

 

Aber dies kann man ebenso gut mit einer artenreichen Bepflanzung erreichen, die sowohl optisch ansprechend als auch attraktiv für Insekten und Vögel ist: Winterharte Stauden müssen nicht jedes Jahr neu gepflanzt werden und eignen sich wunderbar auch auf Friedhöfen. Sie sollten so gewählt werden, dass ganzjährig etwas blüht, beispielsweise Christrosen zum Jahresanfang, Lavendel im Sommer und Große Fetthenne im Herbst. Werden jetzt im Oktober Blumenzwiebeln für Krokus und Co gesetzt, erfreuen sich nicht nur menschliche Besucher, sondern genauso Hummeln und Wildbienen im nächsten Frühling daran. Um die angelockten Tiere und den Boden zu schützen, sollte auf jeden Fall auf chemische Gifte und Kunstdünger verzichtet werden. Wenn man dann noch torffreie Erde verwendet, entsteht ein wahrhaft naturfreundliches Grab.

 

Friedhöfe als grüne Oase

 

Damit Friedhöfe zu einer grünen Oase werden, auf der Vögel brüten, Igel Nahrung finden und Insekten überwintern, sollten Städte hier vielfältige Strukturen schaffen. Der Trend zur Urnenbestattung lässt viele freie Bereiche entstehen, die für eine naturnahe Gestaltung genutzt werden sollten. Mögliche Maßnahmen reichen von der Errichtung bewachsener Natursteinmauern mit Hohlräumen und der Anlage möglichst vieler Heckensäume bis hin zur Aussaat von Blühflächen und zum Erhalt alter Baumriesen bzw. zur Anpflanzung neuer Bäume. Auch wenn im Herbst Blätter auf die Gräber fallen, ist das kein Grund zur Panik, wenn man Laub als Mulchschicht auf den Gräbern versteht, die Tieren und Pflanzen als Überwinterungsschutz dient. Mit den Jahren gewinnen solche Friedhöfe einen parkähnlichen Charakter. Die großen Bäume sorgen für Kühle im Sommer, Nischen mit Bänken laden ein zum Gespräch.

 

Bedenkt man die schwindende Artenvielfalt und die Klimakrise, so sollte überall, wo dies möglich ist, die biologische Vielfalt gefördert werden. Dies gilt auch für unsere Friedhöfe.